Montag, 30. Juni 2014

Was Mädchen schneller lernen.

aus scinexx

Mädchen und Jungen lernen Grammatik anders
Mentales Wörterbuch macht Mädchen das Merken auch abstrakter Begriffe leichter 

Flog oder fliegte? Ging oder gehte? Grammatik zu lernen, funktioniert bei Mädchen und Jungen unterschiedlich, wie ein Experiment von US-Forschern zeigt. Mädchen speichern konsequent alle Verben – egal ob regelmäßig oder unregelmäßig – in einer Art mentalem Wörterbuch. Dadurch lernen sie auch abstrakte Wörter schnell. Jungen dagegen leiten die regelmäßigen über ein Grammatikmodul ab. Ihnen fallen abstrakte Begriffe dabei schwerer, wie die Forscher im Fachmagazin "PLOS ONE" berichten. 

Wie lernen wir sprechen? Wie merken wir uns, dass der Vogel "flog" und nicht "fliegte", dass aber der Wind "wehte"? Wie unser Gehirn die Feinheiten der Grammatik verarbeitet, dazu gibt es zahlreiche Theorien. Viele Forscher gehen davon aus, dass wir dafür zwei verschiedene Schaltkreise besitzen: Ein mentales Wörterbuch speichert Wörter und Phrasen als Ganzes, quasi als Klanggebilde. Hier werden auch unregelmäßige Verben memoriert und bei Bedarf abgerufen. Regelmäßige Verben und alles, was sich in der Sprache über feste Regeln herleiten lässt, setzt das Gehirn dagegen mit einer Art Grammatikmodul zusammen. 

Lückentext mit Verben 

"Was aber dabei genau passiert und welche Teile der Sprache gespeichert und welche zusammengesetzt werden, ist noch immer unklar – und dies erst recht bei Kindern", erklärt Studienleiterin Cristina Dye von der Newcastle University. Um mehr über die Sprache und das Sprache lernen von Kindern zu erfahren, führten sie und ihre Kollegen ein Experiment mit achtjährigen Schulkindern durch. 

Für das Experiment erhielten die Kinder Lückentexte, in denen auf einem vollständigen Satz einer mit fehlenden Verb folgte. Beispiel: "Ich gehe jeden Tag zur Schule. Wie jeden Tag, _____ ich auch gestern zur Schule." Die Forscher baten die Kinder, ihnen das fehlende Wort zu nennen, die Zeit und die Zahl der richtigen Antworten bei den insgesamt 29 regelmäßigen und 29 unregelmäßigen Verben wurden gemessen. Gleichzeitig registrierten sie auch, ob den Kindern die richtige Antwort bei Verben leichter fiel, die nicht abstrakt, sondern leicht bildlich vorstellbar sind. Denn dieser Unterschied tritt vor allem dann auf, wenn die Wörter im mentalen Wörterbuch gespeichert werden. 

Mädchen nutzen mentales Wörterbuch konsequenter 

Wie sich zeigte, gab es deutliche Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen: Jungen merkten sich nur unregelmäßige Verben als Ganzes, regelmäßige setzten sie dagegen mit Hilfe ihres mentalen Grammatikmoduls zusammen, wie die Forscher berichten. Zudem fiel es Jungen leichter, sich Verben zu merken, die gut bildlich vorstellbar waren, mit abstrakten Wörtern taten sie sich schwerer. Mädchen dagegen lernten auch abstrakte Verben schnell, wenn sie häufiger vorkamen. 

"Das passt zu vorhergehenden Studien, die ebenfalls Unterschiede zwischen den Geschlechtern feststellten, wenn es darum geht, sich Fakten und Ereignisse zu merken – Mädchen haben dabei offenbar einen Vorteil gegenüber Jungen", erklärt Dye. Denn das mentale Wörterbuch ist schneller abrufbar. 

Diese Erkenntnis zum unterschiedlichen Lernverhalten könnte nach Ansicht der Forscher auch für die Schule wichtig sein: "Mädchen schneiden in der Schule oft besser ab als Jungs, es könnte sein, dass der Lehrplan auf eine Weise zusammengestellt ist, dass er die Art zu lernen der Mädchen begünstigt", so Dye. Dies müsse man nun in weiteren Studien prüfen und wenn sich das bestätige, möglicherweise den Unterricht entsprechend anpassen. (PLOS ONE, 2014, doi: 10.1371/journal.pone.0074683)

(Newcastle University, 30.06.2014 - NPO)
 
Nota I. 

Dass Mädchen eine größere Affinität zu Wörtern haben als Jungen, und zwar egal, was sie bedeuten, kommt nicht unerwartet. Überraschend ist aber, dass sich Jungen mit abstrakten Begriffen schwerer tun - nein, nicht als Mädchen, sondern als mit anschaulichen Wörtern. Sie müssen sich wohl unter einem Wort erst einmal was vorgestellt haben, bevor sie es sich merken können.

Nota II.

Merken Sie was? Wie man es wertet, kommt ganz darauf an, wie man die Wörter vorher gesetzt hat. Wenn uns der Feminismus eins gelehrt hat, dann ist es das.
JE 
 

Dienstag, 10. Juni 2014

öffentliche Angelegenheiten: Der Kampf war der Vater des Menschen.

Anthropologie:
Prügelten die Männer die Menschheit empor? 
Die massigen Gesichter unserer ganz frühen Ahnen wurden in einem
Rüstungswettlauf entwickelt, vermutet ein US-Biologe: Erst kam die Faust
zum Zuschlagen, dann wurde das bevorzugte Ziel verstärkt, das Gesicht. ...


lies weiter:


Montag, 9. Juni 2014

Wie die Männer aus der Mode kamen.



Anthonis van Dyck, Wilhelm von Oranien als Prinz mit seiner zukünftigen Braut Maria Stuart

Die größte Hype ist vorüber, da kann auch ich Conchita Wurst zum Anlass eines Eintrags nehmen. Natürlich nicht wg. Toleranz, Akzeptanz und andern frommen Dingen. Sondern wegen Outfit. Ein Mann muss ja nicht erst Frauenkleider anlegen, um ein bisschen weibisch zu wirken. Es reicht schon, wenn er überhaupt auf sein Äußeres mehr achtet, als im Durchschnitt üblich. Fast zwei Jahrhunderte lang - oder, wenn Sie wollen, nur zwei Jahrhun- derte lang - kleideten sich Männer, um möglichst wenig aufzufallen. Frauen kleideten sich dagegen stets, um bloß nicht übersehen zu werden. 

Ob es gut ist, dass sich das letzthin zu ändern beginnt, ist eine Frage für sich. Aber wie es dazu kam, dass Mode zu einer Frauenangelegenheit wurde, lässt sich erklären:



Sehen Sie ein Foto vom Vorstand eines Weltkonzerns. Wenn auch jeder der Herren seinen eignen Schneider hat, tragen sie doch alle denselben dunkelgrauen Anzug mit denselben Nadelstreifen. Lediglich die einzige Dame dabei fällt farbenfroh aus dem Rahmen, wenn auch nicht schrill, so doch in einem Kostüm, das außer ihr noch keine trug. Und währdend in England selbst die Königin denselben Hut - ach je - nicht zweimal aufsetzen kann, darf ein Lord denselben ausgebeulten und zerknitterten Anzug aus bester Shetlandwolle, und jeder Premierminister zumal, ruhig zwanzig Jahre lang anziehen. Nicht in Ascot; aber auch dort trägt er alle Jahre wieder wie alle andern, solange er reinpasst, denselben Cut, während seine Lady in Ohnmacht fällt, wenn eine Andere im selben Pariser Modell kommt wie sie.

Weil sie um die Männer, ihre Herren und Pariarchen buhlen? Wenn Sie den Lord fragen, ob die Lady rot oder grün trägt, muss er sich erst umwenden und hinsehen, unterwegs hatte er es nicht bemerkt. Nein, die Damen kämpfen nicht um die Gunst der Männer, sondern gegen die andern Frauen. Unter den Paradiesvögeln will jede die oberste sein. Darum haben sie die Männer in geschäftliche Einheitskluft gesteckt und ihnen die Mode weggenommen.

In Wahrheit ist es nämlich so: Seit dem Sieg der bürgerlichen Gesellschaft hatte der Mann - Luther und Calvin hatten das Ihre beigetragen - ein Arbeiter zu sein, und zwar nicht im Weinberg und -keller des Herrn, sondern an der Werkbank und im Kontor! Der Bourgeois war ein alltäglich Werktätiger, kein eitler Müßiggänger wie der Aristokrat, und das sollte man ihm gefälligst auch ansehen; oder so sollte es wenigstens aussehen. Doch die Damen - ja, die Damen des Hauses, die vormals noch den bürgerliche Hauhalt selbst geführt hatten, überließen das nunmehr, wie Gräfinnen und Edelfräuleins, dem Dienstpersonal; und wie jene wollten sie, bitteschön, auch aussehen.

So ist die Mode Frauensache geworden.


PS. Beachten Sie übrigens, dass der Prinz oben Rosa trägt. Rosa galt bis Anfang der vorigen Jahrhunderts als die natürliche Jungenfarbe - als Vorstufe zum königlich kriegerischen Rot. Als Mädchenfarbe galt hingegen Blau - nach dem Mantel der Himmelskönigin Maria.

Samstag, 7. Juni 2014

Y: Die Große bleibt groß nicht und klein nicht der Kleine.

aus scinexx

Y-Chromosom ist wichtiger als gedacht
Gene des Mini-Chromosoms prägen Zellen im gesamten Körper und sind erstaunlich langlebig

Klein, aber oho: Das männliche Y-Chromosom galt lange als kümmerliches Relikt, zum Verschwinden verurteilt. Jetzt zeigen zwei neue Studien: Das kleine Chromosom ist nicht nur sehr langlebig. Seine Gene steuern auch mehr als nur die männliche Fortpflanzung. Ihre regulierende Wirkung prägt Zellen in unserem gesamten Körper, wie Forscher im Fachmagazin "Nature" berichten.
 
Das kleine Y-Chromosom (roter Kreis) ist ein bloßer Stummel verglichen mit dem Rest.Das kleine Y-Chromosom (roter Kreis) ist ein bloßer Stummel verglichen mit dem Rest.
Das Y-Chromosom ist im Vergleich zu seinem weiblichen Gegenpart, dem X-Chromosom, ziemlich kümmerlich: Es ist nur ein Drittel so groß und enthält gerade einmal ein Fünftel so viele Gene. Im Laufe seiner 300 Millionen Jahre langen Evolution hat es hunderte von DNA-Sequenzen verloren. Dennoch hat es eine wichtige Aufgabe: Das Y-Chromosom wird gebraucht, um das Programm zu durchkreuzen, das für die Entwicklung des Standardgeschlechts sorgt – den Frauen.

Erst die Gene, die auf dem männlichen Geschlechtschromosom liegen, unterdrücken dieses Programm und fördern die Ausbildung der typisch männlichen Geschlechtsmerkmale. Dies galt bisher als Hauptgrund dafür, dass es dieses Chromosom trotz Schrumpfung noch gibt.

Trotz Schrumpfung langlebig

Zwei Forschergruppen haben die Evolution des Y-Chromosoms und seine Genzusammensetzung nun genauer untersucht – und werfen ein neues Licht auf den unverzichtbaren Winzling. Diego Cortez von der Universität von Lausanne und seine Kollegen belegen durch einen Genvergleich von 15 Säugetieren, Beuteltieren und Vögeln, dass das männliche Geschlechtschromosom schon vor rund 180 Millionen Jahren entstand.

Daniel Bellott vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und seine Kollegen verglichen die Gene des Y- und des X-Chromosoms bei acht Säugetieren, darunter dem Menschen, der Maus, dem Opossum und dem Rind. Dabei zeigte sich, dass 14 urzeitliche Gene des männlichen Geschlechtschromosoms immerhin 97 Millionen Jahre der Evolution fast unverändert überdauert haben, wie die Forscher berichten.

Mann und Frau – anders bis in die kleinste Zelle

"Und das sind nicht einfach irgendwelche Gene – sie sind die Elite", konstatiert Laborleiter David Page. So enthüllten weitere Analysen, dass auf dem Y-Chromosom ungefähr ein Dutzend Gene liegen, die zusammen mit ihren Gegenparts auf dem X-Chromosom das Ablesen der Protein-Bauanleitungen im Erbgut steuern – und dies im gesamten Körper von Männern. "Diese Gene sind an der Dekodierung und Interpretation des gesamten Genoms beteiligt", betont Page. Wie groß ihr Einfluss auf den Körper sei, beginne man daher gerade erst zu erahnen.

Das aber bedeutet, dass sich Männer und Frauen bis auf die kleinste Ebene ihres Organismus voneinander unterscheiden: Selbst ihre einzelnen Zellen in Haut, Lunge oder anderen Organen, funktionieren möglicherweise ein wenig anders. "Sie sind ähnlich, aber biologisch unterschiedlich", sagt Bellott.

Dieser subtile Einfluss des Y-Chromosoms könnte nach Ansicht der Forscher auch erklären, warum Männer und Frauen unterschiedlich sensibel für bestimmte Krankheiten sind. Und es wirft auch ein neues Licht auf die Forschung an Zellkulturen: "Zellbiologen und Biochemiker studieren Zellen, ohne dass sie wissen oder beachten, ob diese XX oder XY sind – bisher hat niemand so richtig darauf geachtet", erklärt Bellott. Das müsse sich zukünftig ändern, das Unisex-Modell der biomedizinischen Forschung sei überholt. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13206; doi: 10.1038/nature13151)
aus New York Times, April 23, 2014
 
Researchers See New Importance in Y Chromosome

When researchers were first able to analyze the genetic content of the Y chromosome, they found it had shed hundreds of genes over time, explaining why it was so much shorter than its partner, the X chromosome. All cells in a man’s body have an X and a Y chromosome; women’s have two X chromosomes.

The finding created considerable consternation. The Y had so few genes left that it seemed the loss of a few more could tip it into extinction.

But an analysis in 2012 showed that the rhesus monkey’s Y chromosome had essentially the same number of genes as the human Y. This suggested that the Y had stabilized and ceased to lose genes for the last 25 million years, the interval since the two species diverged from a common ancestor.

Two new surveys have now reconstructed the full history of the Y chromosome back to its evolutionary origin. One research group was led by Daniel W. Bellott and David C. Page of the Whitehead Institute in Cambridge, Mass., and the other by Diego Cortez and Henrik Kaessmann of the University of Lausanne in Switzerland. Their findings were reported on Wednesday in the journal Nature.

In the past 12 years, with the help of the genome sequencing centers at Washington University in St. Louis and the Baylor College of Medicine in Houston, Dr. Page’s group has decoded the DNA sequence of the Y chromosome of eight mammals, including the rhesus monkey and humans. The Y chromosome is so hard to decode that many early versions of the human genome sequence just omitted it. Dr. Kaessmann’s group, on the other hand, devised a quick method of fishing out Y chromosome genes by simply comparing the X and Y DNA of various species and assuming that any genetic sequences that did not match to the X must come from the Y.

Dr. Kaessmann calculates that the Y chromosome originated 181 million years ago, after the duck-billed platypus split off from other mammals but before the marsupials did so.

In some reptiles, sex is determined by the temperature at which the egg incubates. Genetic control over sex probably began when a gene on one of the X chromosomes called SOX3 became converted to SRY, the gene that determines maleness, and thus the Y chromosome came into being.

Until this time, the predecessors of the X and the Y had been an equal pair of chromosomes just like any of the others. Humans have 23 pairs of chromosomes, with one member of every pair being inherited from each parent. People with an XX pair among their 23 are female; those with an XY pair are male.

Before generating eggs and sperm, the 23 pairs of chromosomes line up and each chromosome exchanges chunks of DNA with its partner, a process known as recombination. But recombination between the X and Y had to be banned, except at their very tips, lest the male-determining SRY gene slip across to the X and wreak havoc.

Recombination creates novel arrays of DNA that keep genes adapted to the environment; without recombination they decay and are shed from the genome.

The reconstructions by the Page and Kaessmann groups show that most such genes were shed almost immediately and that the few genes remaining on the Y have been stable for millions of years.

One of these genes is SRY, and others are involved in sperm production. A third category of genes is unusual in being switched on not just in the testis but in tissues all over the body. These active genes, of which there are 12 in humans, all have high-level roles in controlling the state of the genome and the activation of other genes.

The 12 regulatory genes have counterpart genes on the X with which they used to recombine millions of years ago. They escaped the usual decay caused by lack of recombination, presumably being kept functional by purifying selection, a geneticists’ term meaning that any mutations were lethal to the owner. They have, however, become somewhat different from their 12 counterpart genes on the X.

This means that female, or XX, cells have a slightly different set of these powerful genes from male or XY cells, since the X and Y genes are producing slightly different proteins. In females, usually one X chromosome is inactivated in each cell, but the 12 genes are so important that they escape inactivation, and XX cells, like XY cells, receive a double dose of the gene’s products.

“Throughout human bodies, the cells of males and females are biochemically different,” Dr. Page said. The genome may be controlled slightly differently because of this variation in the 12 regulatory genes, which he thinks could contribute to the differing incidence of many diseases in men and women.

Differences between male and female tissues are often attributed to the powerful influence of sex hormones. But now that the 12 regulatory genes are known to be active throughout the body, there is clearly an intrinsic difference in male and female cells even before the sex hormones are brought into play.

“We are only beginning to understand the full extent of the differences in molecular biology of males and females,” Andrew Clark, a geneticist at Cornell University, wrote in a commentary in Nature on the two reports.

Freitag, 6. Juni 2014

Männer sind die besseren Erzieher.


...Ich meine ja auch, dass (im großen Durchschnitt) Männer bessere Erzieher sind als Frauen. Aber das muss man behutsam vortragen. Denn wenn ich mir die pädagogischen Berufe ansehe, sind sie erst einmal... so gut wie abwesend. Und die paar, die sich nicht haben abschrecken lassen, sind eine milde belächelte Minderheit. Minderheit nämlich auch an den paar Stellen, wo sie zahlenmäßig - ja, das kommt vor! - in der Mehrheit sind. Denn sie fallen pädagogisch gar nicht richtig ins Gewicht. Ihnen fehlt die mütterliche Drüse, über Kinder reden sie wie über Autos, davon verstehen sie was.

Dass sie besser spielen können als Frauen - nämlich besser mitspielen -, ist zwar unbestritten, kommt aber nicht zur Sprache. Spielen ist, allen Lippenbekenntnissen zum Trotz, nämlich auch nicht wirklich pädagogisch; Einüben sozialer Fertigkeiten - na schön, aber echt pädagogisch ist nur Beziehungsarbeit, das kann der Mann nicht wirklich, dafür ist er viel zu kopfig. "Besser als ein Mann versteht das Weib die Kinder", steht bei Nietzsche, und da ist was dran, denn - es hat mehr Distanz zum Kind: "aber der Mann ist kindlicher als das Weib", schob Nietzsche nach. "Im echten Manne ist ein Kind versteckt: das will spielen." Mitspielen. Der Mann - nicht der übliche lila Pudel im Pädagogenstand - neigt dazu, wenn er mit Kindern zu tun bekommt, ein bisschen selber wieder zum Kind zu werden, er begegnet ihnen - nur für einen Augenblick, Gott ja - ein bisschen als ihresgleichen; "verstehen" muss er bei diesen Gelegenheiten nicht, das wäre zu wenig.

Und bevatern kann er außerdem. Er taugt besser zum Erzieher.

Donnerstag, 5. Juni 2014

Bevatern ist genauso gut wie bemuttern.

aus Die Presse, Wien, 27. 5. 2014

Biologie: Wie Männer gute Mütter werden
Wenn Kinder kommen, verändern sich die Gehirne der Eltern, und das geschlechtsspezifisch. Sind beide Elternteile Männer, werden auch die weiblichen Hirnregionen aktiviert.



Verändert sich einer, in Wahrnehmung und/oder Verhalten, weil er Vater geworden ist? Bei den Mäusen tut er das, und wie! Mäusemännchen, vor allem die, die noch nie Vater gewesen sind, attackieren Mäusejunge, oft hart, oft bis zum Tod. Das ändert sich komplett, wenn eigene Jungen kommen, dann nehmen die Väter eher mütterliche Verhaltensweisen an, sie gesellen sich zu den Jungen, lecken sie etc.

Wie das zugeht, hat Catherine Dulac (Harvard) erkundet, es läuft über zwei Stufen (Nature 509, S. 295). Die erste ist das vomeronasale Organ (VNO), das ist ein Geruchssinn, der auf Pheromone anspricht: Ist er bei Mäusemännchen defekt – oder schaltet man ihn gentechnich aus –, tun sie Jungen nichts. Ist das VNO aktiv, führt es zu Aggression gegen Junge. Sind es eigene, wird sofort ein Teil des Gehirns umgebaut.

Und so bleibt es exakt 90 Tage. Dann sind die Jungen von den Müttern unabhängig, und die Mütter bekommen neue.

„Primary caregiving mothers“

Denen begegnen die Männchen zunächst wieder aggressiv, bei eigenen Jungen stellen sie gleich wieder um. So ist das bei den Mäusen. Bei den Menschen ist alles natürlich ganz anders, sie haben kein VNO, und sie leben meist in Zweierpaaren – Mäuse leben in größeren Gruppen –, in denen von Natur her zunächst die Mütter enge Bindungen zu den Kindern entwickeln, sie tragen sie aus, gebären und säugen sie, sind „primary caregiving mothers“ (PC-Mothers).

Beim Aufbau des emotionalen Bezugs werden sie unterstützt von einem mächtigen Hormon, Oxytocin, es leitet die Wehen ein und die Milchproduktion, es sorgt nach der Geburt für soziale Nähe. Es wird auch im Gehirn der Väter aktiv – der „secondary caregiving fathers“ (SC-Fathers) –, aber dort sorgt es für einen anderen Umbau: Bei PC-Mothers stärkt es in der Amygdala die Emotion, bei den SC-Fathers – die kümmern sich schon auch liebevoll, sind aber eben nicht die ersten Bezugspersonen – wird eine andere Hirnregion aktiviert, der Superior temporal sulcus (STS). Der geht mehr auf Kognition, schätzt Bedürfnisse der Kinder ab, plant künftige Versorgung.

Diese Differenz zeigte sich Ruth Feldman (Bar-Illan University, Israel) in bildgebenden Verfahren (fMRI): Die Forscherin besuchte Paare mit Neugeborenen in deren Wohnung, sie drehte Videos, in denen die Eltern mit dem Kind zu sehen waren, in anderen gab es nur das Kind oder die Eltern. Sie spielte sie den Eltern später im Labor vor, dabei zeigte sich in den Gehirnen, dass die Szenen entschieden, auf denen Eltern und Kind zu sehen waren. Zudem zeigten sich geschlechtsspezifische Aktivitäten. Die Mütter hatten ihre gleich, die Väter erlernten ihre erst. Das Ergebnis ist dasselbe: Väter und Mütter synchronisieren ihr Verhalten mit dem ihrer Kinder.

„Primary caregiving fathers“

Und wenn die Väter gar keine Väter sind? Und wenn es in den Familien gar keine Mütter gibt, sondern zwei Väter, beide „primary caregiving fathers“. Feldmann nutzte die Gunst der geschichtlichen Stunde: In manchen Gesellschaften können homosexuelle Paare Kinder adoptieren. Und in den Gehirnen dieser Männer wird nicht nur STS aktiviert, auch die Amygdala wird es, und das nicht etwa, weil diese Männer irgendwie „weiblicher“ sind als andere Männer, das zeigten Zusatztests: „Es gibt ein globales Eltern-Fürsorge-Netzwerk im Gehirn, das unter verschiedenen Eltern konsistent ist“, schließt Feldman, und sie vermutet, dass das aus alten Zeiten stammt, in denen Gruppen-Mitglieder bei Bedarf auch fremde Kinder versorgten, als „Allo-Eltern“ einsprangen (Pnas, 26. 5.).

Ob die beobachteten Veränderungen in den Gehirnen der Menschen mit denen in den Gehirnen der Mäuse zu tun haben, ist nicht geklärt, Dulac vermutet es.

Die beiden Arbeiten haben jedoch keinen Bezug zueinander, sie erschienen fast gleichzeitig. Sicher hingegen ist, dass Mütter in heterosexuellen Paaren drohende Aggression der Väter gegen die Kinder anders abzuwehren versuchen als Mäusemütter: Letztere verpaaren sich mit möglichst vielen Männchen, sie wiegen sie alle in dem Glauben, sie könnten die Väter der Jungen sein. Bei den Menschen hingegen hat sich gezeigt, dass Frauen ihren Männern gerne wieder und wieder versichern, das Kind sehe ihnen, den Vätern, sehr viel ähnlicher als ihnen, den Müttern.


Nota.

Genausogut ist uns nicht genug, wir wollen besser sein - ? Gemach. Ich meine ja auch, dass (im großen Durchschnitt) Männer bessere Erzieher sind als Frauen. Aber das muss man behutsam vortragen. Denn wenn ich mir die pädagogischen Berufe ansehe, sind sie erst einmal... so gut wie abwesend. Und die paar, die sich nicht haben abschrecken lassen, sind eine milde belächelte Minderheit. Minderheit nämlich auch an den paar Stellen, wo sie zahlenmäßig - ja, das kommt vor! - in der Mehrheit sind. Denn sie fallen pädagogisch gar nicht richtig ins Gewicht. Ihnen fehlt die mütterliche Drüse, über Kinder reden sie wie über Autos, davon verstehen sie was.

Dass sie besser spielen können als Frauen - nämlich besser mitspielen -, ist zwar unbestritten, kommt aber nicht zur Sprache. Spielen ist, allen Lippenbekenntnissen zum Trotz, nämlich auch nicht wirklich pädagogisch; Einüben sozialer Fertigkeiten - na schön, aber echt pädagogisch ist nur Beziehungsarbeit, das kann der Mann nicht wirklich, dafür ist er viel zu kopfig. "Besser als ein Mann versteht das Weib die Kinder", steht bei Nietzsche, und da ist was dran, denn - es hat mehr Distanz zum Kind: "aber der Mann ist kindlicher als das Weib", schob Nietzsche nach. "Im echten Manne ist ein Kind versteckt: das will spielen." Mitspielen. Der Mann - nicht der übliche lila Pudel im Pädagogen- stand - neigt dazu, wenn er mit Kindern zu tun bekommt, ein bisschen selber wieder zum Kind zu werden, er begegnet ihnen - nur für einen Augenblick, Gott ja - ein bisschen als ihresgleichen; "verstehen" muss er bei diesen Gelegen- heiten nicht, das wäre zu wenig.

Und bevatern kann er außerdem. Er taugt besser zum Erzieher.
JE


Mittwoch, 4. Juni 2014

Die Rückkehr der Väter.

e. o. plauen
aus Badische Zeitung, 28. 5. 2014
 
Die Wiedergeburt der Väter
Soziologie und Pädagogik entdecken die Bedeutung der Vaters in der Erziehung neu.

von bz

Die Bilder sind hinlänglich bekannt: Trinkfreudige Männerfreunde, die am Vatertag mit Bollewagen und Bier durch die Natur ziehen und es sich wohlseinlassen – ganz ohne Kind und Kegel. Diese abwesenden Väter aber sind auch Sinnbild eines überkommen Rollenverständnisses und pädagogisch kontraproduktiv. Der Soziologe Walter Hollstein* macht sich anlässlich des Vatertags morgen Gedanken über ein moderneres Verständnis der Vaterrolle.

Väter haben seit den späten sechziger Jahren keine gute Presse mehr. Die englische Autorin Maureen Green formulierte zeitsymptomatisch: "Ein toter Vater ist Rücksicht in höchster Vollendung". Im deutschsprachigen Raum kursierte das böse Wort, dass nur ein toter Vater ein guter Vater ist. Auch wissenschaftlich verbrämt wurde die vaterlose Familie gefeiert – die Mutter-Sohn-, Mutter-Tochter-Beziehung, ohne Mann und ergo auch ohne Gewalt, Tyrannei und Missbrauch. Ein exemplarisches Beispiel dafür ist die Arbeit von Anita Heiliger "Alleinerziehen als Befreiung. Mutter-Kind-Familien als positive Sozialisationsformen und als gesellschaftliche Chance" .

Dass diese Idylle nicht stimmt, wissen wir inzwischen. Alle neueren Untersuchungen dokumentieren, dass häusliche Gewalt zwischen den Geschlechtern gleich verteilt ist. Söhne werden übrigens von ihren Müttern häufiger körperlich gezüchtigt als von ihren Vätern. Jean-Paul Sartre ist ohne Vater aufgewachsen. Er schreibt: "Ich war ein Waisenkind ohne Vater. Da ich niemandes Sohn war, wurde ich meine eigene Ursache". Der Bub Sartre beschäftigt sich nachgerade zwanghaft mit dem Tod, auch mit dem eigenen Verschwinden aus dieser Welt. Solche frühkindliche Tragik findet sich in den Werken vieler Schriftsteller, Franz Kafka wäre ein anderes berühmtes Beispiel; im deutschsprachigen Raum haben etwa Peter Härtling, Manfred Bieler, Heinrich Wiesner oder Christoph Meckel davon Zeugnis abgelegt.

Doch die Dramen müssen nicht literarisch sein; sie sind auch ganz alltäglich. Ein absenter Vater ist – so weiß die Therapeutik – eine lebenslange Quelle von Traurigkeit, Ärger, Verbitterung und Scham. Ein Sohn braucht seinen Vater, damit er sinnvoll Mann werden kann. Ohne Vater tritt er in ein Leben, für das er nur unzureichend ausgestattet ist. Er weiß dann nur über Surrogate, wie ein Mann ist, arbeitet, liebt und Sinn in seinem Tun findet. Ein Junge benötigt die Gewissheit, einen kompetenten Vater zu haben, um selber das nötige Vertrauen in seine Zukunft als Mann entwickeln zu können. Die Tiefenpsychologin Marga Kreckel bringt es bündig auf den Begriff: "Bleibt der Vater für den Sohn das unbekannte Wesen, so bleibt der Sohn auch sich selbst fremd".


Vater-Präsenz ist ein Schlüssel für eine gesunde Entwicklung

Die amerikanischen Jungen-Therapeuten Dan Kindlon und Michael Thompson berichten, dass es wenig gäbe, was einen erwachsenen Mann zu Tränen rühre. Männer könnten in Therapien recht gefasst über gescheiterte Ehen sprechen, über missratene Kinder, über Karriere-Knicks, Bankrott oder Krankheiten. Wenn sie dann aber einmal weinten, dann weinten sie ganz heftig über das, was sie mit ihren Vätern nicht oder zu wenig erleben durften. Wir wissen empirisch mehr als auch schon; so kennen wir inzwischen die folgende Gesetzlichkeit: Es gibt einen klaren Zusammenhang von Vater-Präsenz und gesunder Entwicklung des Sohnes auf der einen Seite und von Vater-Absenz und der hohen Gefahr von Scheitern auf der anderen; zum Spektrum dieses Scheiterns gehören innere Verwahrlosung, Sucht, Kriminalität, Gewalt, Depression und Suizid der allein gelassenen Söhne.

Auf dem 2. Wissenschaftlichen Männerkongress an der Heinrich-Heine-Universität zu Düsseldorf berichtete Robert Schlack vom Robert-Koch-Institut, dass Jungen aus geschiedenen Beziehungen im Gegensatz zu ihren Altersgefährten aus intakten Familien mehr Risikoverhalten, mehr psychosomatische Probleme, mehr psychische Auffälligkeiten und weniger verfügbare Schutzfaktoren aufweisen als Kinder aus Kernfamilien mit beiden leiblichen Eltern. Konkret heißt das: sehr viel häufiger Übergewicht, doppelt so hohe Raucherquoten, dreimal so häufig Schlafstörungen, doppelt so häufig emotionale Probleme, soziale Probleme mit Gleichaltrigen und Hyperaktivitätsprobleme. Jungen, die ohne Vater aufwachsen, haben auch später noch ein erhöhtes Depressionsrisiko; die zweithäufigste Todesursache von Jungen ist der Suizid, wobei sich Jungen signifikant häufiger selber umbringen als Mädchen.

Nun scheinen wir ja auf einem besseren Weg zu sein als die Generationen vor uns. Zeitgenössische Väter beteiligen sich signifikant mehr an Kindererziehung und Hausarbeit als ihre eigenen Väter. Das Sorgerecht wird sukzessive novelliert, so dass auch Väterrechte gestärkt werden. Das politische Angebot der Väterzeit wird immer mehr genutzt. Väter werden auch in der wissenschaftlichen Beschäftigung wieder zu einer festen Größe.

* Der Autor wurde 1939 in Osnabrück geboren, wuchs in Deutschland und der Schweiz auf und promovierte an der Uni Basel. Danach arbeitete er zunächs als Journalist und war von 1971 an Professor für politische Soziologie an der Evangelischen Hochschule Berlin-Dahlem und danach bis 2006 an der Universität Bremen. Er hat sich vor allem mit Arbeiten zur Alternativbewegung und zur Männerforschung einen Namen gemacht und lebt seit 2007 als freier Autor in Riehen.

Dienstag, 3. Juni 2014

Mehr "alleinerziehende" Väter.

aus Die Presse, Wien, 3. 5. 2014

Es gibt 9000 alleinerziehende Männer in Österreich
Das Bild der Väter hat sich zuletzt deutlich gewandelt. Schätzungen zufolge übernimmt rund die Hälfte der Väter familiäre Verantwortung.

Für rund 9000 Österreicher hat der Vatertag an diesem Sonntag eine besondere Bedeutung: So viele Männer ziehen ihren Nachwuchs (jünger als 15 Jahre) laut Statistik Austria alleine auf. Das sind noch immer relativ wenige, verglichen mit 104.000 alleinerziehenden Müttern. Doch das Bild der Väter hat sich zuletzt deutlich gewandelt.

So schätzt Cornel Binder-Krieglstein vom Berufsverband Österreichischer Psychologen, dass mittlerweile rund die Hälfte der Väter zumindest einen Teil der familiären Verantwortung übernimmt. Und das sei gut so, denn dass das Vorhandensein beider Elternteile wichtig ist, sei unumstritten. Wichtig sei etwa die emotionale Verfügbarkeit, so der Psychologe. Mit einer männlichen Bezugsperson könnten die Kinder ihre Grenzen ausloten, Konfliktverhalten erlernen und Kommunikationsmodelle kennenlernen.

Drei Tage für den Vatertag

Im Unterschied zum Muttertag konnte man sich beim Vatertag bisher nicht auf einen weltweit einheitlichen Termin einigen. Der Muttertag wird rund um den Globus am 2. Maisonntag begangen. Für den Vatertag stehen mindestens drei Tage zur Auswahl: Christi Himmelfahrt, der zweite oder der dritte Sonntag im Juni.

Zudem standen hinter der Idee, zumindest hierzulande, handfeste geschäftliche Interessen: Laut Helmut Herz, "Vater" des österreichischen Vatertags und damaliger Gloriette-Werbeleiter, wollte in der Sommerzeit den Konsum ankurbeln und konnte auch andere Firmen für eine Kampagne "Vater sein ist vielfach Plag', drum leb' er hoch der Vatertag" begeistern. Und diese schlug 1956 tatsächlich ein.

Andere Länder, andere Sitten

In Deutschland sind nicht das Feiern im Familienkreis und kleine Geschenke der Kinder wesentlichste Kennzeichen des Vatertags, sondern eine Lokaltour in feucht-fröhlicher Männerrunde und die Einweihung der Jüngeren in die "Sitten" der Männlichkeit. Aufgrund des erhöhten Alkoholkonsums gibt es laut Statistik zu Christi Himmelfahrt, wenn unsere Nachbarn den Vatertag begehen, erheblich mehr Schlägereien als an anderen Tagen.

In den USA gestaltet man den Vatertag ähnlich wie in der Alpenrepublik. Ausflüge beschränken sich allerdings hauptsächlich auf Vater-Sohn-Unternehmungen. Jahre später noch erzählen Männer etwa vom gemeinsamen Fischen, herbmännlicher Lagerfeuerromantik und Baseballtraining.
...
(APA)

Nota.

Das Wort "alleinerziehend" wird nicht schon dadurch weniger barbarisch, dass man es auch auf Männer anwendet. Oma und Opa, Onkels und Tanten, die Nachbarn, der Hausmeister, der Eisverkäufer und die nette Frau im Bonbonladen erziehen alle mit, nicht zu reden vom Bademeister. 

Wenn eine Mutter oder ein Vater "allein erzieht", ist das nicht nur pathogen, sondern pathologisch.
JE