Mittwoch, 23. April 2014

Y kommt immer wieder.

aus derStandard, 23. April 2014, 19:01

Gene auf dem Y-Chromosom sichern das Überleben der Männer
Das männliche Geschlechtschromosom erweist sich als stabiler und wichtiger als bisher angenommen

Cambridge - In den vergangenen Jahren tauchte in schöner Regelmäßigkeit das Schreckgespenst vom allmählichen Niedergang der Männlichkeit auf. Die Träger des Y-Chromosoms würden binnen 5000 Generation oder rund 125.000 Jahren vom Antlitz der Erde verschwinden, hieß es. Mittlerweile weiß man, dass diese Zahlenspielereien Unsinn sind, auch wenn sie auf einer durchaus seriöse Beobachtung basieren: In den vergangenen 300 Millionen Jahren hat das Y-Chromosom tatsächlich gut zwei Drittel seiner ursprünglichen Größe eingebüßt, die Anzahl der Gene reduzierte sich auf weniger als 100.
 
Dieser Rest erwies sich allerdings in den vergangenen 25 Millionen Jahren als erstaunlich stabil. Mehr noch: Eine nun im Fachjournal "Nature" veröffentliche Studie zeigt, dass die Mehrzahl dieser Gene nichts mit der Geschlechtsfestlegung und der Spermienproduktion zu tun hat, sondern offenbar wesentlich sind für das Überleben.
 
Eine Forschergruppe um David Page vom MIT in Cambridge, Massachusetts, suchten für ihre Analysen Gene, die sowohl auf dem Y- als auch auf dem X-Chromosom vorkommen. Diese Genpaare verglichen sie mit den jeweiligen Pendants im Erbgut von Tierarten, die in verschiedenen Graden mit dem Menschen verwandt sind: Schimpansen, Rhesusaffen, Weißbüschelaffen sowie Mäuse, Ratten, Hausrinder, Beutelratten und Hühner.

 

Für das Überleben essenziell

 
Dabei zeigte sich, dass die menschlichen X-Y-Genpaare die Transkription von Genen in Proteine Eiweiße und deren Stabilität regulieren. "Auf dem Y-Chromosom sind etwa ein Dutzend Gene erhalten geblieben, die in Zellen und Geweben im ganzen Körper wirksam werden", erklärt Page. "Die Evolution zeigt uns, dass diese Gene wirklich wichtig für das Überleben sind", ergänzte Pages Kollege Daniel Bellott, Erstautor der Studie.
 
Page und sein Team wollen nun herausfinden, was die langlebigen Gene auf dem Y-Chromosom genau bewirken. "Es gibt einen deutlichen Bedarf, in der biomedizinischen Forschung über das geschlechtsunabhängige Modell hinauszugehen", meint Page. Krankheiten, die bei Männern und Frauen unterschiedlich ausgeprägt sind, müssten genauer untersucht werden. Dazu gehört etwa das Turner-Syndrom, bei dem die Patientinnen nur über ein X-Chromosom verfügen. 

tberg, red

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