Samstag, 13. August 2016

Männer sind doch friedfertiger als Frauen.

aus Die Presse, Wien, 5. 8. 2016  

Männerberührungen nach dem Sport
Männer greifen einander nach Wettkämpfen häufiger friedlich an als Frauen. Sie seien mehr an der Stabilität von Gruppen interessiert, sagen US-Forscher.

Von Thomas Kramar

Wer Lust hat, sich in bequemer Lage, am besten vor dem Fernsehapparat, als Verhaltensforscher zu versuchen, kann dies nun bei den Olympischen Spielen tun. Und eine in Current Biology (4. 8.) publizierte Arbeit der Harvard-Evolutionsbiologen Joyce Benenson und Richard Wrangham stichprobenartig überprüfen, die Erstaunliches ergeben hat: Nach sportlichen Wettkämpfen berühren Männer ihren Gegner öfter in friedlicher Absicht als Frauen ihre Gegnerin. Offenbar ist es ihnen wichtiger, den – wenn auch nur sportlichen – Kampf durch versöhnliche Berührungen zu beenden, sagen die Forscher.


Sie analysierten Tennis-, Tischtennis- und Badminton-Matches sowie Boxkämpfe, mit Teilnehmern aus 44Ländern, sie registrierten, wie der/die Sieger(in) den/die Verlierer(in) mit einem Arm berührte und umgekehrt, wie Sieger(in) und Verlierer(in) einander umarmten und/oder küssten. Das ritualisierte Händeschütteln wurde nicht ausgewertet. Beim Umarmen und Küssen waren keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern festzustellen, bei den leichteren Kontakten erwiesen sich die Männer als deutlich aktiver. Am größten war der Unterschied bei der offenkundig aggressivsten Sportart: beim Boxen.

Dieses Ergebnis überrascht besonders, wenn man bedenkt, dass Frauen einander im Allgemeinen mehr berühren als Männer. Dafür passt es zu Studien, laut denen sich Männer etwa seltener mit Zimmerkollegen unversöhnlich zerstreiten als Frauen oder häufiger mit dem neuen Partner ihrer Exfrau gut auskommen als Frauen mit der neuen Partnerin ihres Exmannes.

Ähnlich wie bei Schimpansen

Überhaupt neigen Männer mehr zu größeren, nicht auf Verwandtschaft basierenden Gruppen, das zeigt sich schon in der späten Kindheit: Buben investieren mehr in Gruppen, Mädchen mehr in Zweierbeziehungen mit anderen Mädchen. Dieser Geschlechterunterschied habe eine lange Tradition, sagt Benenson: „Männer bilden große kooperative Organisa-tionen, die die Welt verändert haben. Frauen investieren traditionellerweise mehr in ihre Familien.“ Ganz ähnliche Unterschiede habe sie bei Schimpansen festgestellt: Nach aggressiven Konflikten verwenden Männchen mehr Zeit für Beschwichtigung und Beilegung des Konflikts als Weibchen, offenbar, weil sie den inneren Frieden brauchen, um besser geschlossen gegen andere Gruppen auftreten zu können.

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